Hösel. Am Freitag, 20. Januar, 18:30 Uhr stellt die in Berlin lebende Karolina Kuszyk in einer moderierten Lesung im Haus Oberschlesien, Bahnhofstraße 71, ihr Debüt vor, das 2019 auf Polnisch unter dem Titel „Poniemieckie“ und im Oktober 2022 auf Deutsch als „In den Häusern der anderen“ (in der Übersetzung von Bernhard Hartmann) erschienen ist. Der Eintritt ist frei. Das gegenüberliegende Oberschlesische Landesmuseum ist an diesem Tag bis 18:30 Uhr geöffnet. Das Buch „In den Häusern der anderen“ kann im Voraus im Museum sowie vor und nach der Lesung erworben werden (solange der Vorrat reicht).
Es ist in erster Linie eine Geschichte von Menschen, die sich das Vorgefundene, das am Ende des Zweiten Weltkrieges von Millionen Deutschen zurückgelassen werden musste, zu eigen machten. Anschaulich schreibt Karolina Kuszyk darüber, wie sich der Blick auf Alltagsgegenstände verändern kann, wie fremde „Souvenirs“ zu eigenen werden können. Das Buch dient als eine Klammer zwischen dem sich wandelnden Verhältnis, das ein Mensch zum Materiellen haben kann – zwischen dem Wunsch, alles ehemals Deutsche aus dem Haushalt und der umgebenden Landschaft zu tilgen, über eine pragmatische Entscheidung der Weiterverwendung bis hin zu einer kulturellen Anerkennung und Aufwertung, einer Form des Hypes, der die Menschen wie eine Triebfeder auf die Flohmärkte und Schlösser bringt. Darüber hinaus zeigt die Publikation eindringlich, wie fragil das kulturelle Gedächtnis gerade in historisch gewandelten Regionen sein kann. Dabei positioniert sich die Autorin für das Neue, das kommt, aber auch für die Pflege des Gewesenen. Auf fast 400 Seiten überzeugt die Autorin mit einem multiperspektivischen Blick, verdichtet aus Querverweisen auf Geschichts-, Sozial-, Kultur- und Literaturwissenschaften, und zeigt überzeugend, dass diesem Debüt eine profunde Recherche, ein unglaubliches Wissen und innige Beobachtungsgabe, zugrunde liegen. Die zum Teil chronologisch aufeinander aufbauenden Kapitel erzählen eine globale und lokale Geschichte von glücklicherweise nur teilweise unwiederbringlich verlorenen Objekten. Kuszyk beweist, dass sich unser Bild von der Welt ständig weiterentwickelt. Die Art und Weise, wie wir sie betrachten, wandelt und wächst. Dabei spielen äußere Bedingungen eine Rolle, darunter historische Erfahrungen sowie kulturelle und soziale Hintergründe. „In den Häusern der anderen“, das schon in vierter Auflage vorliegt, ist eine Erzählung über materielles Gefüge (mit immateriellen Kern) und eine wunderbare Grundlage für eine Debatte, für die die Zeit reif ist – nach der aktuellen Resonanz und den Bestsellerzahlen zu urteilen.
Karolina Kuszyk (Foto: Grzegorz Lityński)