Lintorf: Expeditionen ins Buchreich

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Lintorf. Es weihnachtet, nicht nur im Handel sondern so ganz allmählich auch in den Haushalten. Die ersten Weihnachtsgeschenke werden gesucht und da kommt der von der Buchhandlung Rose Schlüter veranstaltete Leseabend genau richtig. Der aus Funk und Fernsehen bekannte Buchhändler, Kritiker und Journalist Mike Altwicker sorgte am Freitagabend zum wiederholten Mal für einen gut gefüllten Pfarrsaal am Löken. Er hatte eine lange Liste interessanter Bücher und unzählige kleine Geschichten zur Entstehung der Bücher, zu Autoren und Autorinnen im Gepäck. Für einen ganz kurzen Moment schwante den Besucher/-innen allerdings übles, denn Altwicker erklärte, dass er in Anbetracht des 150. Geburtstages von Thomas Mann immer mal wieder aus dessen Tagebüchern zitieren werde. Zugegeben, Mann ist ein absoluter Klassiker, den man gelesen haben muss, aber einige haben sicher unangenehme Erinnerungen an sich ziehende Schulstunden mit Besprechungen und Analysen der „Buddenbrooks“.

Altwicker zerstreute aber bereits mit dem ersten Zitat alle Bedenken: „Große Abneigung nachmittags noch etwas zu tun“, lautete Manns Eintrag vom 10. August 1948. Mit diesem Eintrag konnte sich nicht nur Altwicker identifizieren. Mit Familiensaga, historischem Roman, Krimi und Liebesgeschichte waren die unterschiedlichsten Vorlieben abgedeckt. Für Krimiliebhaber hatte er „Kälter“ von Andreas Pflüger, „Der Tower“ von Ivar Leon Menger und „Die Farbe des Schattens“ von Susanne Tägder mitgebracht. Die von Obdachlosigkeit bedrohte Nova landet im Tower und muss feststellen, dass sich der vermeintliche Glücksfall zum Alptraum entwickelt, denn die KI Kim überwacht ihr gesamtes Leben. Arno Groth ermittelt im Krimi von Susanne Tägder. Ein in der Wendezeit verschwundener Junge bringt den Ermittler auf die Spur eines alten ungeklärten Falls und deckt ungeahnte Geheimnisse in der Berliner Plattenbausiedlung auf. Andreas Pflüger, Autor zahlreicher Tatort-Krimis, liefert in diesem Jahr einen Insel-Politthriller, der spannender und abwechslungsreicher nicht sein könnte. Luzy Morgenroth verfolgt einen Geheimdiensten geschützten Verbrecher und jagt ihn durch halb Europa, Israel und natürlich auch Deutschland.

Zwischen die einzelnen Buchvorstellungen packte Altwicker als Trennmittel jeweils einen Tagebucheintrag von Thomas Mann. Sowohl Sprache als auch Inhalt sorgten bei Besuchern und Besucherinnen für große Erheiterung. Hier ein paar Kostproben: „20.7.1934 – Habe wieder begonnen morgens nackt ein wenig zu turnen.“ 22.7.1937 – Masse mit dem elektrischen Bügeleisen durch Katja.“ 6.5.1933 – „Kein Restaurant im Wagen; eine Behagensminderung.“

Bei Liebesromanen denken viele an seichte Geschichten, die sich auch abends im Bett noch gut zu Ende lesen lassen. Das „Herzlauschen“ von Nicole und Uli Swidler ist die gelungene Liebesgeschichte zwischen der weltberühmten Sopranistin Tessa Boden und dem gehörlosen Paul. Die Swidlers schreiben die Geschichte im Wechsel aus der Sicht von Tessa und Paul. „Permanent Brausegefühl im Bauch beim Lesen“, so der Kommentar des Buchkritikers. Julia Engelmann, erfolgreiche Poetry Slammerin schreibt in ihrem Roman „Himmel ohne Ende“ über das Erwachsenwerden der 15-jährigen Charlie. Eine melancholische, warmherzige Geschichte für alle, die Geschichten mit Happy End mögen.

Mit „Der Krabbenfischer“ von Benjamin Wood und „Das Geschenk des Meeres“ von Julia R. Kelly, bekommen Leser und Leserinnen zwei wundervoll erzählte Geschichten aus England und Schottland. Der Krabbenfischer Thomas Flett hat das Handwerk von seinem Großvater gelernt. Er kennt nichts anderes und nichts so gut wie das Meer. Heimlich lernt er Gitarre spielen und als der Regisseur Acheson in seinem Dorf auftaucht, erhascht er einen kleinen Blick auf die große weite Welt. Dorothy, die selbst ein Kind verloren hat, nimmt in Skerry ein Findelkind vom Strand auf. Das wühlt nicht nur Dorothy sondern das ganze Dorf auf.

Lázár, der Debutroman von Nelio Biedermann erzählt die Geschichte einer ungarischen Adelsfamilie zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Er erzählt von Liebe, Macht und Familienzusammenhalt auch in turbulenten Zeiten. Miriam Georg, erzählt in „Die Verlorene“ die Geschichte einer jungen Frau, die angesichts der vorstehenden Geburt ihres Kindes, auf die Suche nach ihren eigenen Wurzeln geht. Auf der Fahrt zum Gutshof ihrer eigenen Familie taucht sie immer tiefer in die Vergangenheit ein und erfährt dabei viel Ungekanntes über das Leben und die Mitglieder ihrer Familie. Der Roman „Durch das Raue zu den Sternen“ erzählt die Geschichte der jungen Arkadia Fink, die nach dem Verschwinden ihrer musikalisch talentierten Mutter davon überzeugt ist, dass diese zurück kommen wird, wenn sie es nur irgendwie schafft im Tölzer Knabenchor mitzusingen. Mit der Verwirklichung dieses Traums will sie es allen zeigen, besonders aber ihrer Mutter und sich selbst. Last but not least „Der Barmann des Ritz“ von Philippe Collin. Die Geschichte des wahren Frank Meier ist Basis für den Roman. Der berühmte Barmann arbeitet im Pariser Ritz und mixt dort gegen Ende des zweiten Weltkrieges Cocktails und serviert sie Künstlern, Kollaborateuren und auch Nazigrößen. Er lebt mit der Angst, denn eines Tages könnte sein Geheimnis auffliegen und das wäre nicht nur für ihn sondern auch für die Frau, die er liebt lebensgefährlich.

Ein unterhaltsamer Abend mit Altwicker, gespickt mit zahlreichen Anekdoten und vielen Vorschlägen für den Gabentisch. Deshalb wurden die meisten mitgebrachten Exemplare bereits in der Pause oder am Ende der Veranstaltung vor Ort gekauft. Alle Bücher der Liste und natürlich auch die Tagebucheintragungen aus „Mit Thomas Mann durch das Jahr“ können in der Buchhandlung Rose Schlüter aber weiterhin erworben oder bestellt werden. Über weitere Veröffentlichungen der vorgestellten Autoren und Autorinnen gibt das Team gerne Auskunft.

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