Frauenort für Hilde Bruch in Ratingen

Werbung

Dr. Hilde Bruch (Foto: Stadtarchiv Ratingen)

Ratingen. Ratingen bekommt einen zweiten Frauenort, der an das Wirken einer historischen Frauenpersönlichkeit erinnert: Nach der Unternehmerin Sophie Brügelmann wird nun auch Hilde Bruch, jüdische Kinderärztin und Expertin für Essstörungen, für ihre Lebensleistung gewürdigt.

„In Ratingen haben bedeutende Frauen gelebt, die ihrer Zeit voraus waren. Wir freuen uns sehr, dass nach Sophie Brügelmann auch unsere zweite Bewerbung von Hilde Bruch erfolgreich war“, sagt Nadine Mauch, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Ratingen. Unterstützt wurde sie bei ihrer Initiative vom Kulturamt und dem Stadtarchiv.

Die Geschichte Nordrhein-Westfalens kann nicht ohne Frauen erzählt werden. Denn obwohl sich ihre Namen selten in Geschichtsbüchern finden, haben Frauen maßgeblich zur Geschichte des Bundeslandes beigetragen. Die Frauenorte, die der Frauenrat NRW auswählt, erinnern an genau diese Frauen und erzählen die Geschichte ihres Lebens, ihrer Erfolge und der Herausforderungen, die sie mutig gemeistert haben. Inzwischen gibt es 52 Frauenorte in ganz Nordrhein-Westfalen, zwei davon in Ratingen.

Dass der Frauenrat NRW auch die zweite Bewerbung aus Ratingen positiv aufgenommen hat, kommt natürlich von ungefähr. Hilde Bruch wurde 1904 als drittes von sieben Kindern einer jüdischen Familie in Dülken (Niederrhein) geboren. Eigentlich wollte sie nach dem Abitur Mathematik studieren. Ihr Onkel, ein Arzt, überzeugte sie jedoch, dass die Medizin bessere Karrieremöglichkeiten für eine jüdische Frau bot. Hilde Bruch studierte an verschiedenen deutschen Universitäten und schloss 1929 an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau mit dem Doktor der Medizin ab.

Im Oktober 1932 eröffnete Hilde Bruch eine Kinderarztpraxis am Marktplatz in Ratingen. Sie war weit und breit die einzige Kinderärztin, doch schon bald wurde ihre Praxis boykottiert und der aufkommende Antisemitismus zwang Hilde Bruch 1933 zur Flucht nach England, von wo sie ein Jahr später in die USA auswanderte. Dort arbeitete sie in einem Kinderkrankenhaus in New York und erhielt 1935 ihren Kinderarztschein.

Das Jahr 1937 markierte den Beginn ihrer beruflichen Beschäftigung mit Essstörungen, als sie mit Adipositasforschung bei Kindern begann. Nebenbei war Hilde Bruch in der Forschung aktiv und verfasste unzählige Fachartikel, die ihr den Ruf einer Koryphäe im Bereich der Essstörungen verschafften. Ihr Buch „The Importance of Overweight“ 1957 war eines der ersten, welches die Öffentlichkeit über die Gefahren bei Übergewicht von Kindern aufklärte.

1959 wurde Hilde Bruch zur Professorin ernannt. Als sich in den 1960er und 1970er Jahren die Magersucht verbreitete, beschäftigte sie sich vermehrt mit der Behandlung dieser Erkrankung und wurde bald eine der weltweit führenden Fachautoritäten auf diesem Gebiet. Hilde Bruch lebte den Rest ihres Lebens in Houston, wo sie 1984 verstarb.

„Sie war eine Pionierin und ihre Schriften sind in der heutigen Medizin und Ausbildung immer noch von prägender Relevanz“, sagt Gleichstellungsbeauftragte Nadine Mauch. „Ihr Frauenort wird am Marktplatz entstehen, wo sie in ihrer Ratinger Zeit gewirkt hat.“ Der genaue Standort wird noch gesucht, eine offizielle Einweihung erfolgt dann im kommenden Jahr.

Werbung