Ratingen. Seit ihrer frühen Kindheit ist Elena Marotta motorisch sehr stark eingeschränkt. Am ABB-Standort Ratingen steht sie als Lageristin im Wareneingang der Kammerfertigung jeden Tag ihre Frau. Ihre Geschichte beweist: Gelebte Inklusion ist sowohl für das Unternehmen als auch für den Mitarbeitenden selbst gewinnbringend und bereichernd.
„Begonnen hat alles vor 19 Jahren mit einem Praktikum“, erinnert sich Elena Marotta. Nach Abschluss der 10. Klasse will sie eigentlich eine Ausbildung über das Berufsbildungswerk starten. Als sich ihre Pläne zerschlagen, empfiehlt ihr Vater, damals noch selbst bei ABB in Ratingen beschäftigt, ihr das Praktikum. Aus heutiger Sicht für Elena Marotta wie ein Sechser im Lotto, wie sie betont. Wenngleich der Weg in den Arbeitsmarkt ohne berufliche Ausbildung nicht immer leicht war: Elena Marotta hat es mit ihrem Mut und ihrer Ausdauer trotz aller gesellschaftlichen Barrieren geschafft. Zunächst arbeitete sie über eine Leiharbeitsfirma bei ABB. Dann hat sie der Technologiekonzern aufgrund ihrer sehr guten Leistungen in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen.
Großer kollegialer Zusammenhalt
Wenn Elena Marotta von ihrer Arbeit als Lageristin im Wareneingang der Kammerfertigung spricht, blüht sie auf. „Die Bestellungen der verschiedenen Abteilungen gehen über das Warenwirtschaftssystem bei mir ein. Ich stelle die auf dem Display gelisteten Komponenten zusammen, verpacke sie sachgerecht und schicke die Pakete per Förderband an die jeweiligen Produktionsbereiche.“ Wenn die Aufträge eilig sind, ordern die Kollegen und Kolleginnen die Bauteile per Telefon bei ihr. Dann muss sie noch alles im System erfassen. Was der Lageristin an ihrer Arbeit am besten gefällt, sind der kollegiale Zusammenhalt und der respektvolle Umgang bei ABB. „Im Team der Frühschicht war ich lange Zeit die einzige Frau“, berichtet Marotta. „Doch weder mein Geschlecht noch meine Bewegungseinschränkung sind für die Kollegen entscheidend. Sondern einzig und allein, wie ich meine Aufgaben erledige.“
Vorbild für berufliche Teilhabe
In der Abteilung wird sie von allen für ihre Zuverlässigkeit, ihre herzliche Art und ihre außerordentliche Einsatzbereitschaft geschätzt. „Damit ich im Job leistungsfähig bleibe, treibe ich jeden Tag Sport“, erzählt die 40-Jährige, „entweder zu Hause auf dem Ergometer oder bei der wöchentlichen Kranken- und Wassergymnastik.“ Selbst an Tagen, an denen sie abgeschafft von der Arbeit kommt, motiviere sie sich zum Training. Zwar sei dies alles nicht immer einfach, doch die die Mühe zahle sich aus. „Außer dem Transport zu und von der Arbeit sowie einem höhenverstellbaren Tisch benötige ich am Arbeitsplatz keinerlei Hilfsmittel“, freut sich die Lageristin. Entspannung findet sie samstags in der Sauna. Dort kann sie abschalten und neue Kräfte tanken. Oder sie unterstützt ihre Mutter bei deren ehrenamtlicher Tätigkeit beim VdK Ortsverband Ratingen.
Wertschätzung stärkt Vertrauen
Wo sie ihr auch immer begegnet sind, hat Elena Marotta stets gegen alle Hindernisse gekämpft – seien es die gesundheitlichen Rückschläge in ihrer frühesten Kindheit, die Vorurteile beim Einschulungstest, die Therapien oder die schwere Operation, die sie überwinden musste. Positiv verändert habe sich ihr Leben, seit sie bei ABB arbeitet. „Die Wertschätzung, die ich in meinem beruflichen Umfeld erfahre, hat mein Selbstvertrauen enorm gestärkt. War ich früher sehr zurückhaltend und still, kann ich heute offen auf Menschen zugehen.“
Im Mai dieses Jahres ist Elena Marotta mit dem VilmA-Preis des Sozialverbands VdK geehrt worden. Die Auszeichnung wird alle zwei Jahre an Menschen mit Behinderung in Beschäftigung oder Ausbildung verliehen. „Ich habe mich sehr gefreut, dass ABB mich für den Preis vorgeschlagen hat“, so Marotta. Das Motto des Awards – vorbildlich, individuell, leistungsstark und motiviert in der Arbeitswelt – lebt die Lageristin mit ihrem herausragenden beruflichen Engagement jeden Tag. Gleichzeitig zeigt sie mit ihrer Geschichte, dass Diversität in der Unternehmenskultur von ABB in all ihren Facetten ernst genommen und ein inklusives Arbeitsumfeld konzernweit gefördert wird.
Familienmensch
Mit dem VilmA-Preisgeld will Elena Marotta im Oktober nach Brasilien fliegen. Einer ihrer Brüder lebt in Curitiba, rund sechs Autostunden von Sao Paulo entfernt. „Seit Beginn der Coronapandemie habe ich ihn nicht mehr gesehen“, bedauert sie und hofft, dass ihr die Infektionszahlen im Herbst keinen Strich durch die Rechnung machen.
Denn Familie geht ihr über alles. Auf sie kann sie sich in schwierigen Situationen immer verlassen. Ihre Mutter ist gebürtige Belgierin, ihr Vater stammt aus Apulien in Süditalien. Als Ratingerin mit italienischem Pass ist Elena Marotta Familienmensch durch und durch. Und so verbringt die deutsche und italienische Muttersprachlerin ihren Urlaub bevorzugt im Kreis ihrer Verwandten – selbst wenn das bedeutet, dass sie mehrere Tage mit dem Auto unterwegs ist oder eben mit dem Flugzeug um den halben Globus reist.
Foto: ABB/Henning Ross