Düsseldorf. Während der Zeit des Nationalsozialismus war Düsseldorf ein Zentrum der Verfolgung von homosexuellen Menschen. Bis August 1938 verhaftete allein die Gestapo etwa 400 Männer in Düsseldorf – mehr als in jeder anderen westdeutschen Stadt. Trotzdem ist über das Leben, Lieben und Leiden queerer Menschen während der NS-Diktatur nach wie vor wenig bekannt. Ein neues Theaterprojekt will dem Thema nun mehr Sichtbarkeit verleihen: Gemeinsam mit dem Regisseur Marvin Wittiber laden das Theatermuseum, die Mahn- und Gedenkstätte sowie das Amt für Gleichstellung und Antidiskriminierung Düsseldorf Jugendliche und junge Erwachsene ab 16 Jahren zum Projekt „Allein im Rosa Winkel“ ein. Interessierte können sich noch bis Dienstag, 15. Oktober, für das Projekt anmelden, mail@marvinwittiber.de.
„Mich hat es fassungslos gemacht, wie wenig über das Leben von queeren Menschen in der NS-Zeit bekannt ist. Ich selbst, als queere Person, wusste viel zu wenig. Mit dem Projekt wollen mein Team und ich dem Thema mehr Aufmerksamkeit verleihen. Wir wollen mit ‚Allein im Rosa Winkel‘ die immer noch bestehenden Leerstellen in der historischen Aufarbeitung aufzeigen, zugleich aber auch das Wissen, das da ist, verbreiten“, erklärt Regisseur Marvin Wittiber. Der Titel des Projektes setzt sich aus dem Begriff „Rosa Winkel“ zusammen, dem Kennzeichen, das homosexuelle Männer in den KZ tragen mussten und das heute als Gedenksymbol und für den Kampf gegen Homofeindlichkeit steht, sowie dem Wort „Allein“, welches auf die Isolierung der Betroffenen durch Überwachung, Razzien und Verhaftungen anspielt.
Im Theaterprojekt begeben sich die Teilnehmenden mehrerer Seminartage lang auf eine theatrale Spurensuche ins nationalsozialistische Düsseldorf und widmen sich den Geschichten und Lebensrealitäten der verfolgten Menschen.
Was ist von der Geschichte heute noch zu spüren? Wer waren diese Menschen? Wie kann ihnen heute Gehör und verdiente Sichtbarkeit verschafft werden? Wie können die eigene Stimme und Körper eingesetzt werden, um von ihnen zu erzählen? Die Seminartage werden aus theoretischen und praktischen Einheiten bestehen. So erhalten die Teilnehmenden zum Beispiel einen Einblick in den historischen Kontext. Die Gruppe wird sich gemeinsam mit der Mahn- und Gedenkstätte sowie dem Stadtarchiv konkrete Biografien und Akten anschauen. In einem praktischen Teil geht es dann um die klassische Theaterarbeit (grundlegende Techniken der Schauspielkunst, Körper- und Stimmarbeit, Improvisation und das Entwickeln von Charakteren). Es wird ein gemeinsames Schreibseminar mit der Autorin Simone Saftig und einen musikalischen Kurs mit dem Musiker Andrei Vinnik geben. Die Ergebnisse des Theaterprojekts werden am Ende bei einer Abschlusspräsentation im Theatermuseum vorgestellt.
„Im Theatermuseum können wir über Sammlungsobjekte an vergangene Schicksale erinnern. Dank Theater werden Lebensgeschichten und ihre furchtbare Erfahrungen von Diskriminierung und Hass jedoch noch greifbarer. Die Geschichten queerer Düsseldorfer, die aufgrund §175 während des Dritten Reichs ermordet wurden, als Theater in unsere Gegenwart zu holen, ist nicht nur folgerichtig, sondern zum kollektiven Erinnern an die Schrecken von Queer-Feindlichkeit absolut bedeutsam. Daher freue ich mich, gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus der Mahn- und Gedenkstätte und dem Amt für Gleichstellung und Antidiskriminierung dieses Projekt unterstützen zu können“, sagt Theatermuseumsleiter Sascha Förster.
Termine
Das Intensiv-Theaterseminar für Jugendliche und junge Erwachsene ab 16 Jahren wird vom 31. Oktober bis zum 3. November 2024 veranstaltet – jeweils am 31. Oktober von 18 bis 22 Uhr und vom 1. bis 3. November von 10 bis 16 Uhr. Die Kurseinheiten finden primär in den Proberäumen am Bertha-von-Suttner-Platz 1-3 statt. Zur Abschlusspräsentation am Sonntag, 3. November, 18 Uhr werden dann alle Interessierten ins Theatermuseum Düsseldorf, Jägerhofstraße 1, eingeladen. Die Teilnehmenden benötigen keine Theater-Erfahrungen oder thematische Vorkenntnisse.