St. Georg-Corps: Peter Mentzen auf Spurensuche

Werbung

Lintorf. Das St. Georg-Corps 1963 ist eine von neun Formationen der St. Sebastianus Schützenbruderschaft Lintorf 1464. Im vergangenen Jahr feierten die Mitglieder das 60-jährige Bestehen. Jetzt trafen sich vier Gründungsmitglieder und der Ehrenvorsitzende des Corps, Herbert Hirsch, um gemeinsam der alten Zeiten zu gedenken. Peter Mentzen, eines der Gründungsmitglieder, berichtet ausführlich über das Treffen.

„Es ist für mich ein besonderer Tag. Mein Bruder Gerd Mentzen (links) hat mich, seinen Bruder Peter, zu einem gemütlichen Kaffeetrinken eingeladen. Weitere Gäste sind Wilfried Rosendahl, Ewald Butenberg und Herbert Hirsch. Vor etwas mehr als 60 Jahren, am 27. Dezember 1963, haben wir (Peter und Gerd Mentzen, Wilfried Rosendahl (Mitte) und Ewald Butenberg (rechts)) gemeinsam mit weiteren Freunden das St. Georg Corps gegründet. Zum Vorstand der ersten Stunde wurden Wilfried Rosendahl als Erster Vorsitzender, Ewald Butenberg als Kassierer und ich als Schriftführer gewählt. Während ich fünf Jahre später um viele schöne Erfahrungen reicher aus persönlichen Gründen aus dem Corps ausgetreten bin, haben Gerd, Ewald und Wilfried bis heute dem Corps die Treue gehalten und sind weiterhin aktive Mitglieder. Herbert Hirsch wurde 1964 Mitglied unseres Corps.

Gerd Mentzen (von links), Wilfried Rosendahl und Ewald Butenberg

Da sitze ich nun zusammen mit diesen vier Freunden, wir sind uns eng verbunden und schwelgen in Erinnerungen. Alle vier haben im Laufe der Jahre das Zusammenleben im Corps und in der Bruderschaft erheblich beeinflusst. Dies hat auch die Bruderschaft Lintorf 1gewürdigt und allen für 60 Jahre Mitgliedschaft eine Ehrenurkunde verliehen. Aber fangen wir von vorne an.

„Wie die Alten sungen, so zwitschern auch die Jungen“, so könnte man die Anfänge des Corps überschreiben. Angeleitet von unseren Eltern war der Eintritt in die Bruderschaft für uns eine Selbstverständlichkeit. Wilfrieds Vater Josef Rosendahl war Mitglied der Stammkompanie und wurde Protektor des Corps. Damit war er für uns ein wichtiger Berater in unserer Anfangsphase. Noch wichtiger war allerdings, dass mit ihm als Protektor und gleichzeitig als Schneidermeister die Frage der Uniform optimal gelöst war. Nach eingehender Beratung und individuellen Anproben stellte sich das neue Corps zum Titularfest 1964 in seinen neuen schmucken Uniformen der Öffentlichkeit vor und machte einen hervorragenden Eindruck. Für dieses erste offizielle Auftreten hatten wir als Neulinge im Schützenverein vorher das Marschieren auf dem Schulhof der Johann-Peter-Melchior-Schule fleißig geübt.

Dieser positive Eindruck wurde immer wieder bestätigt. Im Laufe der Jahre sorgten stets neue, von den Schneidermeistern Hans-Josef und Wilfried Rosendahl maßgeschneiderte Uniformen dafür, dass das St. Georg Corps ein tadelloses Bild abgab.

Ewalds Vater Josef Butenberg war Mitglied im Jägerkorps. So hatte er ein Vorbild als Schütze in seiner Familie.

Gerds und mein Vater war langjähriger Brudermeister der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft und damit für uns ebenfalls ein Vorbild in der eigenen Familie. Als unser Vater 1950 Schützenkönig wurde, verfolgte Gerd als Vierjähriger an der Hand seines Vaters zum Abschluss des  Schützenzugs die Parade der Schützen.

Wilhelm Lacks als Fahnenträger im Schützenumzug 1954 (Foto: privat)

Herberts Großvater Wilhelm Lacks war nach dem Zweiten Weltkrieg mehrere Jahre Fahnenträger der Bruderschaft und damit ein wichtiger Bestandteil des jährlichen Schützenumzugs.

Zu erwähnen ist sicherlich auch noch, dass Wilfrieds Bruder Hans-Josef und Gerds und meine Brüder Josef und Hans-Georg Mentzen im 1959 gegründeten Prinz-Eugen-Corps Mitglieder und damit ebenfalls für uns Vorbilder als Schützen waren.

Doch das neue Corps musste einen eigenen Weg finden. Das war sicherlich nicht einfach, aber Wilfried Rosendahl, der in den schwierigen Anfangsjahren von 1963 bis 1968 Vorsitzender war, schaffte es, die „jungen Wilden“ zu zähmen und bei der Stange zu halten.

Herbert Hirsch

Es folgte die Zeit des Organisationstalents Herbert Hirsch, der von 1968 bis 1997 Vorsitzender war. Zwei Jahre wurde seine Amtszeit unterbrochen, als Gerd Mentzen Vorsitzender war und das Corps führte. Herbert wurde in seiner langen Amtszeit intensiv mit Rat und Tat unterstützt von seiner Frau Hilde. Nicht selbstverständlich, dafür aber umso erwähnenswerter ist die Tatsache, dass alle Frauen der Corps-Mitglieder das „Unternehmen Bruderschaft“ tatkräftig unterstützten und sehr harmonisch miteinander umgingen. Dies war eine Zeit der Konsolidierung. Bewährtes wurde beibehalten und neue Dinge wurden erprobt.

Das „Hahneköppen“ des Corps wurde fester Bestandteil des jährlichen Terminkalenders. Auch Touren wurden jährlich durchgeführt und trugen ganz erheblich zum Zusammenhalt der Corpsmitglieder bei. Besonders in Erinnerung geblieben ist bei allen Teilnehmern die Tour nach Prag, weil besonders diese Fahrt der Gemeinschaft viel Spaß bereitete. Alle Corpsmitglieder hatten sich ein Musikinstrument gekauft. Höhepunkt war sicherlich, als aus dem St. Georg Corps das „St. Georg Orchester“ wurde, das auf dem Wenzelsplatz in Prag ein bejubeltes Konzert gab.

Man musste sich zusammenraufen. Alle Probleme kamen auf den Tisch und wurden einvernehmlich gelöst. In dem von mir erstellten Protokoll zur ersten Jahreshauptversammlung habe ich folgenden Eintrag gefunden: „Dann wurde ein schwerwiegendes Problem für die mit Schluckbeschwerden geplagten Mitglieder angeschnitten, dass die Runden, die bestellt sind, zu trinken sind oder nicht? Das Ergebnis war ein Sieg der Nichttrinker. Wer sich die Frechheit erlaubte, eine Runde zu bestellen, hatte gefälligst vorher zu fragen, ob alle einverstanden seien. Wer nicht trinken will, was bestellt werden soll, darf es also laut Versammlungsbeschluss bleiben lassen.“

Ab 1976 gab es eine neue Tradition für das St. Georg Corps: das jährliche Pokalschießen. Gerd Mentzen wurde mit 76 Punkten gefeierter erster Pokalsieger.

Der Höhepunkt des Corpslebens war das jährliche Königsfest. Auch hier zeigten meine „alten Weggefährten“ großen Einsatz und erlangten die Corps-Königswürde: Ewald Butenberg 1964/1965 und 1997/1998, Gerd Mentzen 1965/1966, Wilfried Rosendahl 1974/1975 und Herbert Hirsch 1975/1976, 1981/1982 und 1999/2000.

Etwas ganz Besonderes für eine Kompanie ist es, wenn sie den Bruderschaftskönig stellen kann. Es ist zwar mit Arbeit verbunden, aber der Lohn für diese Arbeit ist eine erhebliche Steigerung des Ansehens innerhalb der gesamten Bruderschaft und der Spaßfaktor kommt auch nicht zu kurz. Für diesen „Spaß“ sorgte Ewald Butenberg mit seinem Königsschuss im Jahre 1993 und wurde der erste Bruderschaftskönig, der vom St. Georg Corps gestellt wurde. Genau zehn Jahre später folgte ihm Herbert Hirsch auf den Schützenthron.

Beide waren würdige Könige der Lintorfer Bruderschaft. Nicht unerwähnt sollte die Tatsache bleiben, dass das St. Georg Corps mit Alfred Jansen, Heribert Rotermund und Dieter Josef Rubner noch weitere Bruderschaftskönige stellte, die das Corps würdig vertraten.

Foto: privat

Neu war die Austragung eines Fußballturniers im Jahre 1972 für die Aktion Sorgenkind, an dem einige Kompanien der Bruderschaft teilnahmen. 500 Zuschauer kamen auf ihre Kosten. Gerd Mentzen und Ewald Butenberg gehörten als Feldspieler der Mannschaft des St. Georg Corps an. Ich durfte als ehemaliges Mitglied des Corps als Torwart aushelfen. Nach dem Finale konnte Herbert Hirsch als Mannschaftskapitän den Siegerpokal in die Höhe strecken. Wichtiger war jedoch, dass 1500 DM für den wohltätigen Zweck überwiesen werden konnten.

Ebenfalls neu war der Bau eines Clubhauses. Gerd Mentzen wohnte in der Nähe des alten Lintorfer Bahnhofes und hatte die Idee, das ehemalige Waschhaus der Bundesbahn, das zu diesem Zeitpunkt eine Ruine war, zu renovieren. Diese Maßnahme wurde in den Jahren 1981 und 1982 durchgeführt. Alle Corpsmitglieder waren mit Eifer bei der Sache und wurden tatkräftig unterstützt von ihren „besseren Hälften“, die mit belegten Brötchen und kräftigen Suppen für das leibliche Wohl der fleißigen Arbeiter sorgten.  Nach rund 3000 Arbeitsstunden und vielen Schweißtropfen wurde am 15. Oktober 1983 endgültig die offizielle Einweihung gefeiert.

Mit dem neuen Clubhaus veränderte sich das Clubleben entscheidend. Ab 1982 wurde auf der Schießbahn im Bunker, die heute nicht mehr benutzt wird, der neue König ermittelt und im neuen Clubhaus das Königsfest gefeiert. Das sprach sich im Dorf schnell herum und neue Mitglieder meldeten sich an. Heute ist das St. Georg Corps mit 48 Mitgliedern die stärkste Formation der Lintorfer Bruderschaft.

Herbert Hirsch war nicht nur weiterhin im Corps aktiv, sondern wurde zu einer tragenden Säule der Bruderschaft. 1998 übernahm er das Amt des Brudermeisters und wurde Zweiter Vorsitzender der Bruderschaft. Von 2005 bis 2015 war er Chef der Bruderschaft und leitete sie zur Zufriedenheit aller Mitglieder. Heute gehört er als Ehrenvorsitzender dem Hauptvorstand der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft Lintorf 1464 an.

Ganz in seinem Sinne übernahm Ewald Butenberg für fünf Jahre von 1998 bis 2003 das Amt des Vorsitzenden. Sein Nachfolger als Vorsitzender des St. Georg Corps wurde Wilfried Kröll, der von 2003 bis 2018 die Geschicke des Corps leitete. Seit 2019 hat Jens Jörgens den Vorsitz übernommen und führt mit einem guten Team diese Truppe, die nun 60 Jahre alt ist, aber immer wieder Wege gefunden hat, jung zu bleiben.

Ganz sicher haben sich auch andere Mitglieder des Corps große Verdienste erworben. Ich kann sie hier nicht alle aufzählen, aber das war auch nicht meine Intention. Ich wollte auf Spurensuche gehen und versuchen herauszufinden, wie die „Gründerväter“ eine Schützenkompanie aufgebaut, am Leben gehalten und in würdige Hände übergeben haben.

Karl Heinz Kipp hat als Chef der Bruderschaft zum 40-jährigen Bestehen, also im Jahre 2003, im Grußwort über die Bedeutung des damaligen Vorstands geschrieben: „Mein besonderer Dank gilt den verantwortlichen Vorstandsmitgliedern der letzten 40 Jahre, die mit ihrer Tatkraft, ihrer Leistungsbereitschaft und ihrem unermüdlichen Engagement das St. Georg Corps geprägt haben. Erst diese Punkte waren die Grundlage und somit der Schlüssel zum Erfolg und haben dieses stolze Jubiläum erst möglich gemacht.“

Dies hat auch Jens Jörgens, der derzeitige Vorsitzende bei der Jubiläumsfeier zum 60-jährigen Bestehen des Corps im Gut Porz klar erkannt, als er treffend die Bedeutung der Vier formulierte: „Toll, dass es euch gibt, sonst wären wir nicht hier!“

Historische Fotos: privat

Werbung