Obermeisterkonferenz der Handwerkskammer

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Düsseldorf. Erstmals seit vier Jahren richtete die Handwerkskammer ihre jährliche „große“ Obermeisterkonferenz wieder in Präsenz aus. „Die führenden Wirtschaftsinstitute prognostizieren für dieses Jahr einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 0,6 Prozent. In nahezu allen Branchen stehen die Zeichen auf Flaute,“ ging Kammerpräsident Andreas Ehlert eingangs auf die aktuell verschlechterten Rahmenbedingungen für die Handwerkswirtschaft ein.

Ehlert würdigte zwar die Übereinkunft auf dem zurückliegenden „Baugipfel“ auf Bundesebene, investierende Unternehmen über eine degressive Abschreibung entlasten zu wollen, mahnte jedoch weitergehende Schritte an: ein Stabilisierungsprogramm für die Bauwirtschaft einschließlich einer Verstetigung der Förderpolitik des Bundes und ein umfassendes Standortstärkungsprogramm für die Wirtschaft, „das auch das Handwerk erreicht“. Das Land forderte Ehlert auf, dem Baugewerbe durch Verzicht auf eine Rohstoffabgabe, Senkung der Grunderwerbsteuer und Einführung der „überfälligen“ Kleinen Bauvorlageberechtigung fürs Maurer- und Zimmererhandwerk zu helfen.

Anschließend widmete sich das Einladungstreffen mit den Innungsspitzen dem wohl drängendsten Problem des Handwerks: dem eklatanten Nachwuchs- und Fachkräftemangel. Dieser gefährde nicht nur die Umsetzung der drängenden Transformationsaufgaben bei der Gebäudeenergie und Infrastrukturmodernisierung, sondern zunehmend auch die Fortexistenz vieler Betriebe. „Fast vier von zehn Handwerksunternehmen würden sofort einstellen, wenn sie Personal fänden,“ speiste Ehlert dazu ein Teilergebnis aus der aktuellen Konjunkturumfrage der HWK ein.

Als Hauptreferent des Abends stellte Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Matthias Heidmeier die von der Landesregierung ausgerufene Fachkräfteoffensive NRW vor. „Die Handwerksbetriebe in Nordrhein-Westfalen sind zentrale Treiber des Wandels hin zu Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit. Kurz gesagt: Ohne das Handwerk werden wir die Klimaschutzziele nicht erreichen“, bestätigte der Gast aus der Landesregierung zunächst die Analyse des Gastgebers. Gut ausgebildete Handwerkerinnen und Handwerker und die Nachwuchssicherung seien „von zentraler Bedeutung für Nordrhein-Westfalen“. Die Fachkräfteinitiative ziele deshalb zum einen darauf ab, echte Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung herzustellen. Dazu soll – über die aktuelle Gesetzesinitiative zur Verankerung des Ziels in der Landesverfassung hinaus – nicht zuletzt die berufliche Orientierung besser werden und früher einsetzen. „Und das an jeder Schulform. Auch in den Gymnasien“, betonte Heidmeier. Das Handwerk eröffne auch Abiturienten „glänzende berufliche Perspektiven“ – wie überhaupt als Hauptvorzug des Wirtschaftsbereichs nachdrücklicher herauszustellen sei, dass „das Handwerk enorme Chancen für alle jungen Leute“ biete: „für die Unternehmenslenker von morgen genauso wie für Arbeitskräfte, die einfach mit anpacken wollen.“

Deshalb wolle das Land „gemeinsam mit dem Handwerk wirklich alle Potentiale des Arbeitsmarktes in den Blick nehmen“, so Heidmeier – insbesondere auch jene wachsende Zielgruppe, der der Einstieg ins Berufsleben oft nur schwer gelinge. So sei aktuell jeder fünfte 20- bis 30-Jährige in NRW ohne Abschluss. „Wir dürfen diese Menschen ohne Abschluss nicht verlieren!“, appellierte Heidmeier an die versammelten Innungsspitzen. Darüber hinaus hingen „viel zu viele junge Leute im Übergang Schule-Beruf fest.“ Heidmeier sprach sich für eine Weiterentwicklung des Übergangssystem Schule – Beruf aus, insbesondere für einen beschleunigten Überstieg von der Schule in die Berufsqualifizierung.

Das Handwerk könne zu dessen Erfolg beitragen, indem es mehr Einstiege für Schwächere organisiere. Ein Baustein dazu seien „noch mehr Praktikumsangebote aus dem Handwerk“. Heidmeier verhehlte nicht, dass er zu den Hausaufgaben auch eine Senkung der Lehrabbruchsquoten und nicht bestandenen Gesellenprüfungen zähle. Und sich im Übrigen mehr Einstiegsqualifizierungen für die Ausbildung im Handwerk wünsche – ein Punkt, der in der anschließenden Aussprache besonders kritische Aufnahme fand.

Ehlert bestätigte den hohen Stellenwert der beruflichen Orientierung, bot eine enge kooperative Mitwirkung der Handwerksorganisation an der Weiterentwicklung der Fachkräfteoffensive an und würdigte die vor kurzem in Kraft getretene „Meisterprämie“ des Landes als „Meilenstein auf dem Weg zur Gleichwertigkeit der Bildungsziele“ sowie das gewachsene Engagement Landes in der überbetrieblichen Ausbildung als wichtiges Signal, dem jedoch weiter verstärkte finanzielle Anstrengungen folgen müssten, um die Bildungszentren des Handwerks annähernd vergleichbar attraktiv auszustatten wie die Hochschulen. Kritische Worte fand der Kammerpräsident für die „unverändert schleppende“ behördliche Bearbeitung der Meister-BAföG-Anträge. „Wenn der Meisterbrief vor dem Bewilligungsbescheid eintrifft, dann läuft etwas gehörig schief!“, so Ehlert wörtlich.

Präsident Andreas Ehlert (von links), Staatssekretär Matthias Heidmeier und Hauptgeschäftsführer Dr. Axel Fuhrmann (Foto: Wilfried Meyer)

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