CDU und Grüne: Gedenkreise nach Polen

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4. Kranzniederlegung an der Todesmauer in der Gedenkstätte Auschwitz/Birkenau (Foto: CDU/Ralph Sondermann)

Ratingen. „Wir gewähren Vergebung und erbitten ebensolche.“ Das ist das bekannteste Zitat aus der Botschaft polnischer Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder im christlichen Hirtendienst. Entstanden ist der Brief im Oktober 1965 in Rom während des 2. Vatikanischen Konzils. Initiator und maßgeblicher Autor war der spätere Breslauer Erzbischof Bolesław Kominek, ein gebürtiger Oberschlesier. Der 60. Jahrestag des Briefwechsels, der als eine der wichtigsten Etappen auf dem Weg zur deutsch-polnischen Versöhnung gilt, war insofern ein guter Zeitpunkt für eine Gedenkreise nach Oberschlesien und Kleinpolen. Diese fand auf Initiative der Abgeordneten der Fraktionen der CDU und B90/Die Gründen im Hauptausschuss des Landtages Nordrhein-Westfalen statt. Dieser ist unter anderem für Erinnerungskultur und Demokratiestärkung zuständig. Begleitet wurden die Landtagsabgeordneten vom Vorsitzenden der Stiftung Haus Oberschlesien Sebastian Wladarz und Cornelia Stieler (Schönwalds Erben e.V.).

Im oberschlesischen Gleiwitz angekommen erinnerten die Abgeordneten zunächst zusammen mit Vertretern der lokalen Politik und Gesellschaft an das Ende des 2. Weltkriegs und die Opfer der Verbrechen der deutschen Wehrmacht in Polen, sowie die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation. Auch am neu errichteten und durch Schönwalds Erben e.V. und die Stiftung Haus Oberschlesien finanzierten Denkmal für die Opfer des Todesmarsches legte die Delegation ein Blumengebinde nieder. Im darauffolgenden Gespräch wurde deutlich, dass auch 60 Jahre nach dem Briefwechsel der Bischöfe einige Themen im deutsch-polnischen Verhältnis „heiße Eisen“ bleiben, zumal Polen politisch zutiefst gespalten ist. „Wer als Brückenbauer zwischen Deutschen und Polen wirken will, braucht Mut, starke Nerven, Geduld und Rückgrat. Gerade in Zeiten, in denen die nationalistischen Tendenzen wieder an Fahrt gewinnen, bedarf es Menschen, die nicht einknicken und sich verstecken, wenn ihnen eisiger Wind ins Gesicht bläst“, erklärt Wladarz. Als Geschenk gab es dann eine Kopie des Briefes von 1965 als Erinnerung an den Mut, den die polnischen Bischöfe damals aufgebracht haben, eine Botschaft zu formulieren, die den kommunistischen Machthabern gar nicht passte.

Im Haus der deutsch-polnischen Zusammenarbeit gab es dann die Premiere des Dokumentationsfilms zum Todesmarschgedenken. „Wir freuen uns, dass wir den Abgeordneten an einem authentischen Ort diesen Film zeigen konnten, denn alleine in Gleiwitz gab es vier Außenlager des KL Auschwitz. Von insgesamt 52 Außenlagern befanden sich die meisten in Oberschlesien, unserer heutigen Partnerregion. Hierdurch ergeben sich bilaterale Ansätze für die historisch-politische Bildung, da das Thema Außenlager im Rahmen des Besuchs in der Gedenkstätte Auschwitz kaum ausreichend beleuchtet werden kann“, so der Stiftungschef. Diese Ansätze sahen auch die nordrhein-westfälischen Politiker, für die der Input sehr wertvoll war.

Doch es ging nicht nur um Erinnerungskultur, sondern auch um die Zukunft. In einem Gespräch mit Lehrkräften konnten gute Beispiele des Schüleraustausches Gleiwitzer Schulen mit Schulen in Deutschland vorgestellt werden. Im Beisein von Generalkonsul Martin Kremer (Breslau) wurde aber auch klar, dass es im Hinblick auf Nordrhein-Westfalen durchaus noch Potentiale gibt. Einig waren sich die Teilnehmer auch darüber, dass das Haus für deutsch-polnische Zusammenarbeit mit dem Standort Gleiwitz eine größere Rolle in der Regionalpartnerschaft einnehmen könnte. Zusammen mit der Stiftung Haus Oberschlesien hat die Institution einen Letter of Intent vorbereitet, der wichtige Punkte für die neu aufzulegenden Partnerschaftserklärung zwischen Nordrhein-Westfalen und der Woiwodschaft Schlesien enthält. Dieser soll demnächst an die zuständigen Stellen übergeben werden. Angesprochen wurde auch der mangelnde Einsatz des deutsch-polnischen Schulbuches, Band 4. In diesem wird auch ein Teil der Geschichte Oberschlesiens behandelt. Geschichte, die gerade in Schulen in Nordrhein-Westfalen mehr ins Bewusstsein rücken sollte.

Abgerundet wurde das Treffen im Gleiwitzer HdpZ durch ein Gespräch mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Mit dabei waren u.a. die Gleiwitzer Stadtpräsidentin Katarzyna Kuczyńska-Budka, Senatorin Halina Bieda, der Vorsitzende der deutsch-polnischen Parlamentariergruppe im Sejm Marek Krząkała und die Vizepräsidentin der Regionalen Wirtschaftskammer zu Kattowitz Marlana Miąsko.

Von Gleiwitz aus ging es für die Delegation dann nach Oświęcim. Dort besuchten die Abgeordneten die Gedenkstätte Auschwitz/Birkenau. Im Stammlager legten der Hauptausschussvorsitzende Klaus Voussem MdL (CDU) und seine Kollegin Verena Schäffer MdL (B90/Die Grünen) einen Kranz an der Todesmauer in Block 11 nieder. In diesem Block fanden massenhaft Exekutionen, meist nach lediglich kurzer Urteilsverlesung, statt. Dort befindet sich auch die Zelle des heiligen Maximilian Kolbe. Am Denkmal in Birkenau zündeten die Landtagsvertreter dann ein „Licht des Friedens“ an und gedachten der anderthalb Millionen ermordeten Frauen, Männer und Kinder aus ganz Europa. Weiter auf dem Programm stand das jüdische Kulturzentrum Museum/Synagoge Oshpitzin, Oskar Schindlers Fabrik Emalia, wo etwa 1.100 Juden vor dem sicheren Tod gerettet werden konnten und das Salzbergwerk und UNESCO-Welterbe in Wieliczka.

Zum Abschluss der Gedenkreise begaben sich die Abgeordneten auf Spuren des heiligen Johannes Paul II. Der polnische Papst, geboren als Karol Wojtyła, war nicht nur Unterstützer der Botschaft der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder, er war auch in seinem Pontifikat maßgeblich daran beteiligt, dass der Kommunismus und die Teilung Europas überwunden werden konnten. Sein Zitat „Fürchtet Euch nicht!“ verstanden die Polen als Botschaft, sich gegen das Regime aufzubäumen, was 1989 dann zu ersten halbfreien Wahlen und der Niederlage des Regimes führte. Und so besuchte die Delegation in Wadowice das Geburtshaus des polnischen Papstes, in dem sich heute ein beeindruckendes Museum befindet.

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