Bitterböser Erstling: Hotel Weitblick

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In ihrem Debütroman „Hotel Weitblick“, erschienen im Verlag Kremayr und Scheriau, philosophiert Renate Silberer (46) über das Leistungsdenken und den Glauben an sich selbst. Keine leichte Sommerurlaubslektüre, eher ein entlarvender Blick auf unsere Gesellschaft und ihre zutiefst beunruhigenden Ursprünge.

Silberer versammelt vier Führungskräfte einer Werbeagentur für ein Wochenende in einem abgelegenen Hotel in den österreichischen Bergen. Alle vier wollen den Geschäftsführerposten. Wer ihn bekommt, entscheidet der von Selbstzweifeln geplagte Berater Marius Tankwart.

Dessen Auswahlseminare sind berühmt. Deshalb wurde er für diese Aufgabe engagiert. Doch der erbitterte Kampf der drei Männer und der einen Frau um den lukrativen Posten in der Agentur macht eine gemeinsame Lösung unmöglich.

Dabei weiß Marius Tankwart schon, dass es sein letztes Seminar sein wird. Noch am Sonntag will er ins Flugzeug steigen und nach Mexiko auswandern. Dafür ist alles vorbereitet.

Im Laufe der knapp zweieinhalb Tage scheint das Seminar dem Berater immer weiter zu entgleiten. Die Manager entwickeln Verhaltensweisen, die sie eigentlich alle für den zu vergebenden Posten ungeeignet erscheinen lassen.

Während Tankwart in diesem Verhalten der Teilnehmer schließlich die Erziehungsmethoden einer Nazi-Pädagogin wiederkennt, muss er eine Entscheidung treffen, von der sein Überleben abhängt. Die Situation im Seminarraum eskaliert mehr und mehr.

Renate Silberer konzentriert die zwischenmenschlichen Konflikte, die an diesem Wochenende im Waldhotel aufbrechen, in einem Punkt. Obwohl die Nazi-Vergangenheit lange zurückliegt, schimmern immer wieder die Erziehungsmethoden der gefeierten Nazi-Pädagogin durch, die ihr Standardwerk aus den 30er Jahren leicht verändert nach dem Kriege erneut publizierte.

Keine leichte Kost für einen Strandtag, aber eine lohnenswerte Lektüre.

Renate Silberer
Hotel Weitblick
Kremayer & Scheriau
ca. 240 Seiten
ISBN 978-3-218-01272-0
20 Euro (A,D)